Die Medien über Masturbation

DIE ZEIT schreibt über Masturbation: „Sogar Behörden raten dazu … Es gibt ein Mittel, das immun macht gegen Einsamkeit schlechte Laune und Existenzängste …“, Krankenkassen empfehlen Selbstbefriedigung als Schlafmittel: „Wenn du mal wieder nicht schlafen kannst, dann leg einfach mal selbst Hand an oder hol dir ein Spielzeug dazu, dann kommt der Schlaf ganz von alleine“ (Barmer). Und öffentliche rechtliche Sender fangen (endlich!) damit an über die weibliche Sexualität aufzuklären, so wie in der 3 Sat Sendung „Vulva: Lust und Tabu.“
Das sind erste Schritte in die richtige Richtung. Aber bis wir richtig laufen gelernt haben, das wird noch eine Weile dauern! So fragt sich die Potsdamer Neue Nachrichten, als sie von unserem Projekt erfahren: „Ist der Orgasmus der Frau in diesen Tagen systemrelevant?“ Und beschließt dann lieber nicht davon zu berichten.

Ist der weibliche Orgasmus systemrelevant?

Der Frage nach der Systemrelevanz des Orgasmus der Frau ging die Überlegung voran: „Mal rein rechnerisch: Die Hälfte der Bevölkerung sind Frauen, davon ein Großteil im orgasmusfähigen Alter. Aber wie viele davon brauchen Hilfe? Und wie hoch ist die Dunkelziffer?“
In diesen drei Sätzen liegen gleich mehrere Annahmen und Fragen, die bei mir akute Bauchschmerzen verursachen.
Erstens: Worüber sprechen wir eigentlich, wenn wir den Orgasmus der Frau meinen?! Das ist alles andere als klar! Doch dazu später mehr.

Zweitens: In welchem Alter ist eine Frau nicht orgasmusfähig?! Als Kind? Es ist nachgewiesen, dass bereits Embryos sich genital selbst berühren und natürlich masturbieren Kinder (oder würden es tun, wenn sie mit der Erlaubnis dazu aufwachsen würden). Oder impliziert die Aussage, dass Frauen jenseits der Wechseljahre nicht mehr orgasmusfähig seien?! Warum sollte die Frau dann auch noch Lust haben, wenn sie doch dann nicht mehr funktionstüchtig, also gebärfähig ist?!

Drittens: Wer hat denn davon gesprochen, dass Frauen geholfen werden muss?! Da scheint der Glaube hindurch, dass unsere Sexualität eine angeborene Fähigkeit ist, und wenn eine Frau keinen Orgasmus bekommt (das Ziel jeder sexuellen Begegnung?!), ist mit ihr etwas falsch und sie braucht Hilfe. Tatsache ist aber, dass Sexualität wie Laufen und Sprechen gelernt werden muss. Und dass wir in unserer westlichen Gesellschaft kaum die Möglichkeit dazu haben. Das meiste Lernen findet über die Medien statt, wenn nicht sogar über Pornos. Und auch wenn es durchaus gute Pornos gibt – der Mainstream zeigt oft eine derart verzerrte Realität. Und da junge Menschen den Umgang mit Pornos nicht lernen, gehen sie oft mit abstrusen Erwartungen in ihre Sexualität. Von perfekten Körperbildern, bei denen sie nie mithalten können, bis hin zu normierten Vorstellungen wie eine sexuelle Begegnung abzulaufen hat, stark patriarchalisch geprägt, mit Schwerpunkt auf der Bedürfnisbefriedigung des männlichen Partners. Nein, es geht nicht darum, dass Frauen Hilfe brauchen! Es geht darum, dass es Frauen (wie auch Männern) möglich sein sollte in ihrem eigenen Tempo und auf ihre eigene Art zu lernen, sich weiterzuentwickeln und ihre weibliche Lust zum Thema zu machen!

Die Sexualität der Frau – nur unwichtig …

Es ist schlimm, dass Gynäkologen immer noch nicht wissen müssen, wie eine Frau tatsächlich anatomisch gebaut ist, zum Beispiel dass die Klitoris ein Lust-Organ ist, das sich über das ganze weibliche Genital erstreckt. Und dass in Schulen immer noch gelehrt wird, dass es Jungfernhäutchen gibt, die die Vagina verschließen. Und es ist traurig, dass so viele Frauen immer noch keinen Namen für ihr Genital haben, als ob es etwas Unaussprechliches sei. Und wenn sie davon sprechen, Begriffe aus dem medizinischen Sprachgebrauch falsch verwenden, zum Beispiel Vagina sagen, wenn sie Vulva meinen. Und dass immer noch so viel Scham in unserer Sprache ist: Schamlippen, Schamhaare, Schambein … „Wir sagen doch auch nicht Schambeutel zu den Hoden des Mannes“, konterte die Sexologin Ann-Marlene Henning so treffend neulich in der 3 Sat Sendung „Vulva: Lust und Tabu“.

… oder sogar bedrohlich?!

So wenig, wie wir immer noch über den Frauenkörper wissen, beziehungsweise so wenig wie das was Wissenschaftler schon vor Jahrhunderten herausgefunden haben, öffentlich anerkannt und darüber gesprochen wird, so wenig wissen wir auch über unser sexuelles Erleben. Und das zeigt natürlich nur, dass die weibliche Lust bisher etwas Unwichtiges war. Oder auch eher etwas Gefährliches, was besser unterdrückt werden sollte.

Gibt es klitorale und vaginale Orgasmen?

Denn nochmal zurück zu der Frage von oben: Was ist eigentlich ein weiblicher Orgasmus? Ich würde mir nicht zutrauen darauf eine klare Antwort zu geben! Immerhin, die Klitoris als Lustorgan, wohl nervlich besser versorgt als die Peniseichel, und mit längeren Schenkeln als der Penisschaft, erhält in Fachkreisen langsam die Bedeutung, die sie verdient. Aber ist es wirklich so, dass „jeder Orgasmus irgendwie über ihren Schreibtisch läuft“, wie die Gynäkologin Dr. med. Sheila de Liz behauptet und „vaginal kommen ist dann klitoral innen kommen“, wie Ann-Marlene Henning ergänzt?! Was ist mit den unterschiedlichen Nervensträngen?! Der Pudendus Nerv, der die Klitoris versorgt und der Becken- und der Vagus Nerv, die mit der weiblichen Prostata (der „G-Zone“) und der Gebärmutter in Verbindung stehen? Die Erfahrungen zahlreicher Frauen sprechen dafür, dass es durchaus qualitative Unterschiede im orgasmischen Erleben gibt, ohne dass wir diese à la Freud bewerten müssten als „reifen“ oder „unreifen“ Orgasmus! Und erforscht ist all das noch längst nicht mal annähernd!

Sexuelle Energie ist Lebensenergie!

Für mich ist der Orgasmus der Frau alleine deshalb wichtig, weil die weibliche Lust lang genug ein Schattendasein hatte. Es ist Zeit sie ans Licht zu holen! Und ja – gerade jetzt! Denn wir haben etwas vergessen: Unsere sexuelle Energie ist Lebensenergie! Über Sex werden wir gezeugt und über die Vagina kommen wir ins Leben! Was bitte schön wäre noch essentieller als das, wenn es um Leben und Tod geht?! Und wenn ich gelernt habe meine sexuelle Energie zu spüren und bewusst damit umzugehen, dann kann ich auch meine Gesundheit und Resilienz stärken. Zum Beispiel indem ich durch tiefes Atmen meine Lust in den ganzen Körper bringe, dabei meine Organe über das Blut mit viel Sauerstoff versorge und Stress reduziere. Oder indem ich mir selbst Berührung schenke und dadurch Hormone ausschütte, die mein Immunsystem stärken. Oder indem ich durch Bewegung meines Körpers meine Lust in Schwung bringe und dadurch gleichzeitig mein Herz-Kreislaufsystem stabilisiere. Sex macht Spaß und es hält uns gesund!

Sexualität selbstbestimmt leben und entspannt orgasmisch sein!

Und gleichzeitig bedeutet es für mich noch viel mehr, wenn ich davon spreche orgasmisch zu sein. Wir haben unser Projekt Orgasmic Woman genannt, nicht weil es uns um die tollsten, höchsten, mutiplen Orgasmen geht. Jede Frau sollte ihre Sexualität selbstbestimmt leben und Orgasmen erleben dürfen wann und wo und wie viele sie möchte und sich gleichzeitig vom OrgasMuss befreien! Orgasmisch sein bedeutet für uns nämlich noch etwas ganz anderes und hat mit Leistung nichts zu tun! Es heißt für uns, dass wir unsere sexuelle, unsere orgasmische Energie, als Lebensenergie nutzen, Kraft und Kreativität daraus schöpfen.

Daher lautet unsere Antwort: Ja! Der Orgasmus der Frau ist gerade jetzt systemrelevant! Oder besser gesagt unsere Lebenskraft ist gerade jetzt sehr systemrelevant! Und die können wir stärken, indem wir orgasmisch leben!

OrgasMuss?!
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